Holistische Pädagogik
»Wenn wir, sagtest du, die Menschen nur nehmen, wie sie sind,
so machen wir sie schlechter.
Wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten,
so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind.«
~ Johann Wolfgang von Goethe ~
"Lassen Sie mich die Geschichte von Sonja Knips erzählen, die der Maler Klimt als depressive Frau in Wien kennenlernte. Er half ihr, indem er regelmäßig mit ihr Gespräche führte und sie malte, ihren Blick statt auf die Raupe auf den Schmetterling in sich zu lenken, d.h. ihre Wertpotenziale zu erkennen – und ihm immer ähnlicher zu werden."
– Heidrun Drescher-Ochoa
Was lehrt uns Geschichte von Sonja Knips
für unsere Pädagogik?
Sie lehrt uns, dass ein Interesse geleitetes Denken eine Haltung bestimmt, das ein entsprechendes Handeln bewirkt, das wiederum Gewohnheiten veranlagt, die die Charakterstruktur eines Menschen bestimmen und schließlich das Schicksal des Menschen (nach Aristoteles).
Für die Holistische Pädagogik gilt: Die innere Welt ist die Ursache der äußeren. Wenden wir dieses Wissen auf das Schulsystem und unsere Pädagogik an, dann fängt der Prozess folglich in dem Lehrer an. Er muss aus dem Geistigen die Dinge nach außen bringen – je nachdem, was bewusst wird, und was seine Erfahrungen und die Konditionierung seines „User Profils“ im Präfrontalkortex ermöglichen, das viele für ihr „Ich“ halten, obwohl es nur eine neurologische Schaltzentrale ist.
Wie soll ein Lehrer, der mit seinen eigenen Themen, mit seinen eigenen Problemen nicht im Klaren ist, der den Sinn seines Lehrerberufs nicht kennt und die Freude an der Begegnung mit jungen Menschen verloren hat, speziell jungen Menschen helfen?
Hier hilft eine sinnorientierte Pädagogik, sich in eine gute Form zu bringen, über Selbstkenntnis zu verfügen und den Schülern zu helfen ihr Seelenpotenzial zu entwickeln. Um dies leisten zu können, bedarf es einer klaren, wertfreien Betrachtung und einer gleichwürdigen Begegnung zwischen dem Lehrer und dem Schüler, die sich als Weggenossen betrachten.
Der Zeitgeist verlangt von Pädagogen angesichts der Gewohnheit von Eltern und Jugendlichen, sich dem Spiel mit der KI zuzuwenden, Werteklarheit und Verantwortlichkeit – denn verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut. Wird beispielsweise die KI als Selbstzweck, d.h. Wissensvermittler angesehen, dann macht sich Nützlichkeitsdenken und eine entsprechende Haltung breit, die materialistischen Sinn im Leben und im Lernen sucht. Dieser macht die jungen Menschen letztlich zu Egoisten und unglücklich. Ist die KI aber Mittel zum Zweck, die den jungen Menschen zu neuen Erfahrungen in der analogen Welt führt und Werte der Empathie, des Wohlwollens, der Güte pflegen hilft, dann haben die jungen Menschen eher die Aussicht auf eine freie und glückliche Zukunft.
So wäre eine Balance zwischen Wissenserwerb und Selbstentfaltung hergestellt, womit die Gestaltung einer humanen Gesellschaft möglich ist.
Die Begegnung am Lernort mit vielen Menschen, die mit ihrem jeweiligen Realitäts- und Selbstverständnis sowie Deutungs- und Handlungsmustern interagieren, stellt eine weitere große Herausforderung an die Haltung des Lehrers dar, nämlich die der Achtsamkeit und Geistesgegenwart in komplexen sozialen Systemen. Gelingt es, diese Haltung im Lehrenden zu veranlagen, dann ist eine hohen Prozesskultur in einem systemischen Organismus der Achtsamkeit auf dem Weg in ein „neues Wir“ möglich.